Ein leichtes Kribbeln im Arm oder ein taubes Gefühl in den Fingern wird oft ignoriert. Doch wiederkehrende Beschwerden sind ein Hinweis darauf, dass irgendwo Druck auf einen Nerv ausgeübt wird.
In der Physiotherapie sehen wir solche Symptome häufig als Folge von Verspannungen, Fehlhaltungen oder Engstellen im Bereich der Halswirbelsäule. Sie sind ein Warnsignal – kein eigenständiges Problem, sondern Ausdruck einer gestörten Bewegungs- und Nervenfunktion.
Wie es zu Kribbeln und Taubheit kommt
Nervenbahnen verlaufen vom Hals über die Schulter bis in die Hand. Wird irgendwo entlang dieser Strecke Platz zu eng, reagiert das Nervengewebe empfindlich. Ursachen können mechanisch, muskulär oder haltungsbedingt sein:
- Reizung der Nervenwurzeln an der Halswirbelsäule – z. B. durch Bandscheibenveränderungen, kleine Blockaden oder degenerative Prozesse.
- Verspannte Muskulatur im Nacken oder in der Brustregion, die auf den Nerv drückt (z. B. der vordere Treppenmuskel oder der kleine Brustmuskel).
- Fehlhaltungen im Alltag, etwa stundenlanges Arbeiten am Laptop mit vorgeschobenem Kopf oder eingedrückten Schultern.
- Engpass-Syndrome wie das Thoracic-Outlet- oder Karpaltunnel-Syndrom, bei denen Nerven auf ihrem Verlauf durch Muskeln oder Bindegewebe eingeengt werden.
Diese Belastungen entstehen schleichend. Anfangs ist nur ein leichtes Kribbeln spürbar, später kommen Schmerz, Kraftverlust oder ein dumpfes Taubheitsgefühl hinzu.
Wann Sie genauer hinschauen sollten
Einmaliges Einschlafen des Arms ist unbedenklich. Wiederkehrende oder dauerhafte Symptome dagegen gehören abgeklärt – vor allem wenn,
- das Gefühl einseitig und regelmäßig auftritt,
- Kraft oder Beweglichkeit im Arm nachlassen,
- Nackenschmerzen oder Druck im Kopf dazukommen,
- oder die Beschwerden bis in einzelne Finger ausstrahlen.
Dann ist es wichtig, die Ursache früh zu identifizieren – je länger ein Nerv gereizt bleibt, desto langsamer regeneriert er.
Wie Physiotherapie helfen kann
Die Physiotherapie setzt an der Ursache an, nicht am Symptom. Ziel ist es, den Nerv zu entlasten und die Beweglichkeit im gesamten Schulter-Nacken-System wiederherzustellen.
1. Manuelle Techniken
Gezielte Mobilisation der Halswirbelsäule und der ersten Rippen, um Druck von den Nervenwurzeln zu nehmen.
2. Weichteiltechniken
Lösen von Muskelverspannungen in Nacken, Brust und Schultergürtel. Dadurch normalisiert sich der Spannungszustand, und der Nerv bekommt wieder mehr Raum.
3. Haltungsschulung und Ergonomie
Korrektur typischer Alltagspositionen, z. B. am Schreibtisch oder beim Smartphone-Gebrauch. Kleine Veränderungen in Haltung und Arbeitsplatzgestaltung machen langfristig den größten Unterschied.
4. Aktive Kräftigung
Aufbau stabilisierender Muskulatur im Schulter- und Rumpfbereich. Eine kräftige Muskulatur schützt Nerven und Gelenke und verhindert Rückfälle. Die physiotherapeutische Behandlung setzt an der Ursache an, nicht am Symptom. Ziel ist es, den Nerv zu entlasten und die Beweglichkeit im gesamten Schulter-Nacken-System wiederherzustellen.
Was Sie selbst tun können
- Regelmäßig Bewegungspausen im Arbeitsalltag einlegen.
- Nacken und Brust regelmäßig mobilisieren und dehnen.
- Aufrechte Sitzhaltung: Bildschirm auf Augenhöhe, Schultern locker.
- Kissen und Matratze überprüfen – der Nacken sollte in der Seitenlage stabil unterstützt werden.
Frühzeitig professionelle Hilfe suchen, wenn das Kribbeln bleibt. Regelmäßig Bewegungspausen im Arbeitsalltag einlegen.
Fazit
Taubheitsgefühle oder Kribbeln im Arm entstehen meist durch mechanische Reize auf Nervenbahnen, selten durch ernsthafte neurologische Erkrankungen. In den meisten Fällen lassen sich die Ursachen mit gezielter Physiotherapie, Haltungsanalyse und aktivem Training erfolgreich behandeln.
Frühes Reagieren, kann Folgeschäden vermeiden und Sie können sich bald wieder entspannt, kräftig und beschwerdefrei bewegen.